Jeden Morgen füllte sich die Schulkantine mit vertrauten Geräuschen – klirrenden Töpfen, dem Duft von frischem Brot und dem Kinderlärm aus dem Flur.
Koch Iwan kam früher als alle anderen – schon um sechs Uhr morgens. Er kochte nicht einfach nur Essen. Er kannte jedes Kind beim Namen.
Er wusste, wer nach einem Nachschlag fragte, wer beim Haferbrei das Gesicht verzog und wer sich immer still in die Ecke setzte und am schnellsten von allen aß.
Iwan warf niemals Reste weg. Jeden Tag stellte er eine zusätzliche Schüssel mit Suppe hin – heiß, dick, wie zu Hause – und platzierte sie am Fensterbrett.
„Für alle Fälle“, sagte er, obwohl er selbst nicht wusste, für wen dieser Fall gedacht war.
So ging es wochenlang weiter. Manchmal blieb die Schüssel unberührt, manchmal war sie verschwunden, wenn Iwan sich kurz umdrehte.
Nur eines bemerkte er: Löffel und Schüssel wurden immer ordentlich zurückgestellt, fast ehrfürchtig.
Eines Winterabends, als fast alle Kinder nach dem Unterricht nach Hause gegangen waren, blieb Iwan länger in der Küche. Draußen war es frostig, die Fensterscheiben beschlagen – und plötzlich sah er draußen eine schmale Gestalt vorbeihuschen.
Er trat hinaus auf die Treppe.
Dort stand ein etwa achtjähriger Junge, in einer abgetragenen Jacke, mit einem zu großen Rucksack – wohl von einem älteren Geschwister. In den Händen hielt er genau diese Suppenschüssel.
– „Du… du hast meine Suppe gegessen?“, fragte Iwan leise.
Der Junge nickte.
– „Es tut mir leid… Ich bin kein Dieb. Nur… manchmal gibt es zu Hause kein Abendessen.“
Iwan ging in die Hocke.
– „Und wo sind deine Eltern?“
– „Mama arbeitet bis spät in die Nacht. Papa ist nicht da. Ich komme nur manchmal nach der Schule vorbei. Ich stelle die Schüssel immer zurück… damit Sie nicht denken…“
Iwan sagte nichts. Er stand auf, ging in die Küche und brachte ein Paket – Brot, Obst und heißen Tee in einer Thermoskanne.
– „Ab morgen ist das dein Abendessen. Aber versprich mir: Du versteckst dich nicht mehr.“
Der Junge nickte – und lächelte zum ersten Mal.
Seitdem kam Iwan eine halbe Stunde früher. Nicht, weil er musste – sondern weil er wusste, dass jemand auf ihn wartete.
Und jeden Tag stellte er diese eine Schüssel an den Platz am Fenster – nur dass sie jetzt nie wieder leer blieb.

