Ich war auf dem Heimweg nach einem langen, anstrengenden Tag. Schnee klebte an der Windschutzscheibe, die Scheinwerfer spiegelten sich im nassen Asphalt, und vor mir – endloser Stau. Wir standen schon seit fast vierzig Minuten, kein Vor und Zurück. Ich schaltete das Radio ein, zog die Handschuhe aus und sah einfach zu, wie die Regentropfen langsam am Glas hinunterliefen.
Da – ein leichtes Klopfen ans Fenster.
Ich zuckte zusammen.
Neben dem Auto stand ein kleines Mädchen, vielleicht fünf oder sechs Jahre alt. Ganz durchnässt, in einem alten Mäntelchen, mit zwei Zöpfen, einer halb aufgelöst. Sie sah mich direkt an – ruhig, ohne Angst, als wüsste sie genau, wer ich bin.
„Mach bitte auf“, sagte sie mit dünner Stimme.
Ich ließ das Fenster ein Stück herunter – kalte Luft strömte herein.
„Hast du dich verlaufen?“ fragte ich.
Sie schüttelte den Kopf.
„Nein. Ich wollte dir nur etwas sagen.“
Ich runzelte die Stirn.
„Wo kommst du her, Kleine? Wo ist deine Mama?“
Da streckte sie plötzlich ihre kleine Hand aus – in einer nassen Faust lag eine Münze. Alt, dunkel, mit einem Loch in der Mitte.
„Nimm sie“, sagte sie. „Die ist für dich. Aber verlier sie nicht. Du wirst sie bald brauchen.“
Ich war völlig verwirrt.
„Warum?“
Das Mädchen sah mich ernst an, mit riesigen Augen, und antwortete:
„Weil du schon zu lange wartest. In drei Tagen wirst du alles verstehen.“
Bevor ich etwas erwidern konnte, hupte es vor mir – der Stau begann sich zu lösen. Ich schaute kurz nach vorne, dann in den Rückspiegel… und sie war verschwunden. Keine Spur.
Ich stieg aus, sah mich um – niemand da. Nur Nebel, Lichtkegel und nasser Asphalt.
Zurück im Auto lag die Münze auf dem Sitz. Eiskalt, als wäre sie gerade aus Schnee geformt.
Drei Tage vergingen.
Am Abend fuhr ich dieselbe Strecke. Am Straßenrand stand ein Mann, der gerade einen Reifen wechselte. Ich bremste – ohne zu wissen, warum.
Er hob den Kopf – und mir stockte der Atem.
Er war es.
Der Mann, den ich einst geliebt hatte, den ich seit über zehn Jahren nicht mehr gesehen hatte.
Wir begannen zu reden, als hätten wir uns nie getrennt. Und als ich, immer noch ungläubig, das Handschuhfach öffnete, um nach Taschentüchern zu greifen, fiel die Münze mit einem dumpfen Klang auf den Boden.
Da sah ich zum ersten Mal die Gravur:
„Alles kehrt zurück, wenn die Zeit gekommen ist.“
Ich hob sie auf – und der Mann sah mich an und sagte plötzlich:
„Seltsam. Ich hatte einmal genau so eine Münze. Ein Mädchen hat sie mir auf der Straße gegeben.“
Ich erstarrte.
Wir sahen uns an – und wussten beide: Diese Begegnung war kein Zufall.

