Er lebte allein – in einem kleinen Haus am Waldrand. Ein friedlicher Ort: morgens Nebel, abends Sonnenuntergänge, nachts das Klopfen der Spechte und das ferne Rufen der Eulen. Er liebte diese Einsamkeit – den pfeifenden Wasserkessel, den Sessel am Fenster, alte Bücher, leise Musik und die Ruhe.
An diesem Abend war alles wie immer. Draußen fiel dichter Schnee, kein Laut, kein Mensch. Er goss sich heißen Tee ein, schaltete die Lampe ein und setzte sich gemütlich ans Fenster. Gerade wollte er den ersten Schluck nehmen – da huschte draußen ein riesiger Schatten vorbei.
Zuerst dachte er, es sei nur eine Spiegelung. Dann glaubte er, jemand stehe zu nah am Haus. Doch im nächsten Moment – ein Donnerknall! Das Glas zersplitterte, und etwas Gewaltiges, Dunkles, Gehörntes brach durchs Fenster ins Wohnzimmer!
Der Mann sprang auf, der Tee flog, das Sessel kippte um. Vor ihm stand ein Elch – groß, massiv, mit weit ausladenden Schaufeln. Geblendet vom Lampenlicht rannte das Tier panisch durch den Raum, stieß gegen Möbel, riss Vorhänge herab.
Es war ein Bild wie aus einem Traum: Schnee wirbelte durch das zerborstene Fenster, Bücher flogen, Geschirr klirrte –
und mitten darin tobte ein wildes Tier, das nicht verstand, wo es war.
„Ganz ruhig… ruhig…“, flüsterte der Mann mit zitternden Händen. Weglaufen? Zu spät. Schreien? Zwecklos. Der Elch prallte gegen den Tisch, eine Fotografie seiner Frau fiel zu Boden und zerbrach.
Da trat der Mann einen Schritt vor, griff nach seiner alten Jacke und – ohne zu überlegen – warf sie über den Kopf des Tieres.
Sekunden vergingen. Dann – Stille. Der Elch atmete schwer, schnaufte… und begann langsam zurückzuweichen.
Der Mann riss die Tür auf – und das Tier stürmte hinaus, rutschte im Schnee, trampelte durch die Beete und verschwand in der Dunkelheit.
Das Wohnzimmer war ein einziges Chaos: Glasscherben, zerbrochene Möbel, verschütteter Tee, kalte Winterluft, die durch das zerborstene Fenster drang. Der Mann stand mitten im Durcheinander, keuchend, die Jacke immer noch in den Händen.
Er konnte kaum glauben, dass das alles wirklich geschehen war.
Ein paar Minuten später kamen die Rettungskräfte – Nachbarn hatten den Lärm gehört und Hilfe gerufen. Wie sich herausstellte, war der Elch auf der Straße in Panik geraten, hatte sich vor Scheinwerfern erschreckt und war Richtung Häuser geflohen.
Dann hatte er im Fenster sein eigenes Spiegelbild gesehen – und dachte, dort sei der Weg hinaus.
„Sie hatten Glück,“ sagte einer der Retter. „Meistens verwüsten sie alles.“ „Er hat nur eines zerstört,“ antwortete der Mann und hob das zerbrochene Foto vom Boden auf.
Darauf war seine Frau zu sehen – lächelnd, vor demselben Wald, in dem er nun jeden Morgen frische Hufspuren entdeckte.
Seit jener Nacht zieht er die Vorhänge nicht mehr zu. Er sagt, wenn der Elch eines Tages wiederkommt – wird er keine Angst mehr haben.
Denn jetzt weiß er: Manchmal bricht das Chaos ins Haus ein, nur um dich daran zu erinnern, dass du lebst.

