Er schrie vom Baum, aber die Bären gingen nicht — bis sein treuer Hund erschien

Wiktor, ein pensionierter Geologe, liebte die Taiga sein ganzes Leben lang. Er war über siebzig, aber jeden Sommer fuhr er in seine alte Holzhütte am Fluss, wo er früher auf Expedition war. Die Einheimischen hatten sich längst an seine Einsamkeit gewöhnt — der alte Mann lebte ruhig, reparierte sein Dach, sammelte Pilze und kochte Johanniskrauttee.
Doch an diesem Tag sollte alles anders werden.

Der Morgen begann friedlich: leichter Nebel hing zwischen den Kiefern, die Luft roch nach Harz und feuchter Erde. Wiktor nahm seinen Korb, eine Thermoskanne Tee und machte sich auf in den Wald, dorthin, wo immer Steinpilze wuchsen. Neben ihm lief sein alter, aber treuer Hund – ein Laika namens Buran. Zwölf Jahre war er schon alt, aber seine Augen strahlten noch immer dieselbe Treue und Stärke.

Sie liefen seit Stunden, als Wiktor frische Spuren sah — riesige Tatzenabdrücke im feuchten Boden.
„Eine Bärin“, murmelte er, „und wahrscheinlich mit Jungen …“

Buran stellte die Ohren auf, sein Fell sträubte sich. Wiktor wollte schon umkehren, da ertönte plötzlich hinter den Büschen ein tiefes, drohendes Brüllen.

Er ließ den Korb fallen und rannte zum nächsten Baum. Buran bellte laut, um die Bärin abzulenken, aber sie wich nicht zurück — zwei kleine Bären kamen hinter ihr hervor, und die Mutter verteidigte sie erbittert.

Zitternd kletterte Wiktor auf eine Kiefer. Die nasse Rinde war glatt, seine Atemzüge kurz, doch die Angst gab ihm Kraft. Erst als er sechs Meter oben saß, wagte er einen Blick nach unten.
Unter dem Baum stand die riesige Bärenmutter. Sie schnaubte, stellte sich auf die Hinterbeine, kratzte die Rinde mit ihren Krallen. Die Jungen standen daneben, streckten ihre Schnauzen nach oben und blickten den alten Mann an.

„Verschwindet!“, schrie Wiktor. „Haut ab, ihr Fellteufel!“

Aber die Tiere gingen nicht. Die Minuten wurden zur Ewigkeit. Seine Arme wurden schwer, jeder Ast zitterte unter seinem Gewicht. Die Zeit blieb stehen – zwischen Angst und Atem.

Eine Stunde verging. Die Bärin hatte nicht vor zu gehen. Und Buran war verschwunden.
„Er ist wohl geflohen …“, dachte Wiktor bitter.
Da hörte er plötzlich unten ein Bellen.

Laut. Zornig. Sicher.
Buran war zurück.

Schmutzig, mit Moos im Fell, aber entschlossen wie nie zuvor, stellte er sich zwischen den Baum und die Bärin. Er knurrte, bellte, sprang. Die Bärin fletschte die Zähne – machte einen Schritt – dann noch einen – und blieb stehen.
Buran wich nicht zurück.

Wiktor brüllte von oben, seine Stimme heiser:
„Buran! Zurück! Geh weg!“
Doch der Hund hörte nicht. Er wich nicht.

Endlich senkte die Bärin die Tatzen, schnaubte ein letztes Mal, drehte sich zu ihren Jungen um und trottete davon. Die Kleinen folgten, blickten noch einmal zurück – und verschwanden.

Als alles still war, konnte Wiktor kaum glauben, dass er noch lebte. Langsam kletterte er hinunter. Seine Knie zitterten, sein Herz raste. Buran stand da, atmete schwer, aber der Schwanz war hoch erhoben.
Der alte Mann sank auf die Knie, legte die Stirn an sein Fell und flüsterte:
„Du hast mich gerettet … mein alter Wolf … du hast mich gerettet.“

Sie gingen lange zurück. Die Sonne stand schon tief, der Wald duftete warm. Wiktor legte die Hand auf Burans Rücken – als würde er ihn verlieren, wenn er loslässt.

Später, vor der Hütte, saß Wiktor lange auf der Holztreppe. Neben ihm schlief Buran, zu seinen Füßen lag ein Hut, auf dem Tisch eine kalte Tasse Tee. Er dachte daran, wie dünn die Grenze zwischen Leben und Tod ist.

Und er fühlte nur eines – Dankbarkeit. Für den, der nicht weggelaufen war. Der keine Angst hatte. Der gekommen war – und ihn gerettet hatte.

Am Morgen, als die Sonne über dem Wald aufging, sagte Wiktor leise:

„Jetzt weiß ich es sicher, Buran… Engel laufen manchmal auf vier Pfoten.“

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