Als Alex und seine Frau Sophie Eltern wurden, machten sie alles nach den Regeln. Ein neues Kinderzimmer, eine sanfte Lampe, Spielzeug und natürlich ein Babyphone – um immer da zu sein, auch wenn das Kind schläft.
In den ersten Monaten war alles ruhig. Die Kamera stand in der Ecke des Zimmers und war auf das Bettchen gerichtet. Sophie schaute sich vor dem Schlafengehen oft die Übertragung an, und Alex überprüfte die Verbindung von der Arbeit aus.
Eines Abends blieb er länger im Büro. Es war bereits nach Mitternacht, als er aus Gewohnheit die Babyphone-App auf seinem Handy öffnete.
Zunächst war alles wie immer – das schwache Licht der Nachtlampe, das leise Atmen des Babys.
Aber nach einer Sekunde bemerkte er eine Bewegung.
Im Bild stand eine Gestalt neben dem Bettchen. Ein Schatten, menschlich.
Alex erstarrte, sein Herz schlug schneller. Er schaltete den Ton ein – Stille. Nur das Atmen des Kindes.
Die Gestalt beugte sich leicht über das Bettchen, als würde sie etwas flüstern.
„Sophie…“, flüsterte er ins Telefon und wählte ihre Nummer.
Seine Frau antwortete nicht.
Er rief erneut an – Stille.
Alex rannte zum Auto. Die Fahrt nach Hause dauerte sieben Minuten, kam ihm aber wie eine Ewigkeit vor.
Als er ins Haus stürmte, saß Sophie schläfrig und verwirrt im Schlafzimmer.
„Was ist los?“, fragte sie.
„Wo ist das Kind? Wo warst du?“
„Im Schlafzimmer“, antwortete Sophie überrascht. „Er schläft. Alles ist in Ordnung.“
Alex rannte ins Kinderzimmer. Das Kind schlief tatsächlich ruhig. Die Kamera leuchtete immer noch mit einem sanften grünen Licht.
Er öffnete die Aufzeichnung.
Das Video zeichnete alles ab 00:00 Uhr auf.
Und dann war es soweit.
Der Schatten erschien wieder am Bettchen. Er kam näher, beugte sich vor – und in diesem Moment begann das Bild stark zu wackeln. Die Kamera verlor den Fokus.
Als sie sich wieder ausgleicht, ist im Bild ein Gesicht zu sehen.
Sein eigenes.
Alex stand da und traute seinen Augen nicht. Auf dem Video stand er über dem Bettchen, streichelte das Kind und sagte etwas.
Aber zu dieser Zeit war er im Büro.
Sophie wurde blass, als sie sich die Aufzeichnung ansah.
„Das bist nicht du“, flüsterte sie. „Dieser Mann … hat kein Spiegelbild im Glas.“
Am nächsten Morgen funktionierte die Kamera nicht mehr.
Alex kaufte eine neue. Aber weder er noch Sophie schalteten jemals wieder die Live-Aufzeichnung in der Nacht ein.
Manchmal, wenn er am Kinderzimmer vorbeiging, hatte er dennoch das Gefühl, dass jemand darin stand.
Und als würde ein leises Flüstern aus der Dunkelheit sagen:
„Du hast mich selbst gebeten, auf ihn aufzupassen.“

