Sie konnte die Treppe nicht hinaufsteigen – und ein Jahr später lief sie als Erste hinauf

Als Klara zum ersten Mal vor der Treppe in ihrem eigenen Haus stehen blieb, kam es ihr vor, als würden sich die Stufen über sie lustig machen. Schon auf der zweiten Stufe geriet sie außer Atem, ihre Beine zitterten, ihr Herz schlug so stark, dass sie sich am Geländer festhalten musste. Sie war erst 36, aber ihr Körper schien sie im Stich zu lassen.

„Ich bin einfach müde“, redete sie sich ein.
Aber die Müdigkeit ging nicht weg.

Die Ärzte sagten ruhig, fast gleichgültig:
„Sie müssen abnehmen, Klara. Ihr Herz kommt nicht mehr mit.“

Sie lächelte ihnen zu und weinte zu Hause. Denn es war nicht nur ein „Gewichtsproblem“. Es war Einsamkeit, endlose Arbeit, das ewige „Ab Montag fange ich an“.

Der Tag mit der Treppe war der Wendepunkt. Nicht das Ende – sondern der Anfang.

Zuerst ging sie einfach um das Haus herum. Fünf Minuten lang. Zehn Minuten lang. Dann um den Block herum. Die Leute aus den Nachbarhäusern begrüßten sie mit leichtem Mitleid: „Bravo, sie gibt sich Mühe.“

Nach einer Woche hatte sie einen Kilometer weniger Luft.
Nach einem Monat hatte sie eine Kleidergröße weniger.
Nach drei Monaten war der Glaube daran, dass „es nichts bringen würde“, verschwunden.

Sie veränderte alles nach und nach. Sie entfernte Süßigkeiten aus dem Kühlschrank. Sie hörte auf, auf die Waage zu schauen – und begann, in den Himmel zu schauen. Jeden Tag schrieb sie sich einen Satz auf den Spiegel:
„Noch ein Schritt – und du bist näher dran.“

Manchmal war es schwer. Manchmal wollte sie aufgeben. Einmal im Winter, als sie vom Joggen zurückkam, fiel sie im Schnee hin und weinte mitten auf der Straße. Da kam ein etwa zehnjähriger Junge auf sie zu, reichte ihr die Hand und sagte:
„Du bist toll. Meine Mama sagt, wenn jemand hinfällt, bedeutet das, dass er läuft.“

Diese Worte blieben ihr für immer im Gedächtnis.

Ein Jahr verging. Clara stand wieder vor derselben Treppe – nur diesmal nicht zu Hause, sondern bei einem Stadtmarathon, dessen Ziellinie sich auf dem Dach eines alten Gebäudes befand, vierzig Meter über dem Boden.

Die Menge jubelte, jemand schwenkte Fahnen. Klara spürte, wie ihr Herz wieder schnell schlug – aber jetzt nicht vor Angst. Vor Glück.

Als der Aufstieg begann, brannten ihre Muskeln, ihr Atem stockte, aber sie hielt nicht an. Und dann – die letzte Stufe. Ihre Beine zitterten, aber sie ging nicht – sie rannte.

Die Menschen auf dem Dach applaudierten.
Sie hob die Arme und lachte.

Nicht, weil sie abgenommen hatte.
Nicht, weil sie gewonnen hatte.

Sondern weil sie zu sich selbst zurückgefunden hatte, zu der, die an „noch einen Schritt“ geglaubt hatte.

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