Die Frau fand unter dem Bett eine alte Schachtel – und war sprachlos

Es war ein ganz normaler Tag. Marina beschloss, einen großen Putz zu machen – Staub zu wischen, Schränke auszuräumen, die Böden unter dem Bett zu wischen, wo sie wie immer „nicht herangekommen“ war. Ihr Mann war bei der Arbeit, die Kinder in der Schule, das Haus war ruhig, ihre Lieblingsmusik lief im Radio.

Sie schob das Bett beiseite und bemerkte einen alten Karton, der mit vergilbtem Klebeband zugeklebt war.
„Wahrscheinlich irgendwelche alten Dokumente“, dachte sie, aber aus irgendeinem Grund verspürte sie einen Stich im Herzen. Sie zog an der Schachtel – sie war schwer. Im Inneren klirrte etwas dumpf.

Die Neugierde siegte. Marina schnitt das Klebeband vorsichtig mit einer Schere durch. Darin befanden sich alte Briefe, Schwarz-Weiß-Fotos, eine Haarspange und eine Babyrassel. Und obenauf lag ein Umschlag mit der Aufschrift: „Wenn du das findest, weißt du, dass ich dir nicht böse bin.“

Zuerst verstand Marina das nicht. Aber dann sah sie das Foto. Darauf war ihr Mann zu sehen, ganz jung, wie er eine Frau mit einem Babybauch umarmte. Auf der Rückseite stand:
„Sommer 1997. Wir erwarten unser Baby.“

Marina setzte sich auf den Boden. Ihre Hände zitterten. Sie sah sich alle Fotos an: Darauf waren Strände, ein Haus, lächelnde Gesichter, Geschenke und dieselbe Frau zu sehen. Und dann ein Kinderfoto von einem Jungen mit Augen, die genauso aussahen wie die ihres ältesten Sohnes.

„Nein … nein, das kann nicht sein …“, flüsterte sie.

Der Brief enthielt nur wenige Zeilen: „Wenn du ihr jemals von mir erzählst, sag ihr die Wahrheit. Lass ihn wissen, woher er deine Augen hat.“

Marina hatte das Gefühl, als wäre die ganze Luft aus dem Zimmer gewichen. Sie kannte ihren Mann seit zwanzig Jahren. Sie dachte, sie kenne seine Vergangenheit, seine Ängste, seine Freuden. Aber sie hatte nie ein Wort darüber gehört. Als er am Abend zurückkam, wartete sie auf ihn. Auf dem Bett lag eine offene Schachtel. Er kam herein, sah sie und erstarrte.

„Wo hast du das her?“, fragte er leise.
„Von dort, wo du es versteckt hast“, antwortete sie.

Er setzte sich auf die Bettkante und schwieg lange. Dann seufzte er:
„Ich dachte, das gäbe es nicht mehr. Dass die Zeit alles ausgelöscht hätte.“

„Die Zeit“, sagte sie mit einem bitteren Lächeln, „löscht keine Geheimnisse aus, Serjoscha. Sie wartet nur darauf, dass du sie unter dem Bett findest.“

Er sah sie an, sagte aber nichts. Und Marina verstand: Wie auch immer die Antwort ausfallen würde, ihre Familie würde nie mehr so sein wie zuvor.

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